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Warum ein Management Team kein Entscheidungsgremium ist – und wofür man es stattdessen nutzen sollte

Mein ehemaliger Kollege Bob Frisch hat seine persönliche Quintessenz aus fast 30 Jahren Arbeit als Topmanagement-Berater – bei BCG, Gemini Consulting, Accenture und seit vielen Jahren in seinem eigenen Unternehmen SOG – in einem lesenswerten Buch unter der Überschrift Who’s in the Room? How Great Leaders Structure and Manage the Teams Around Them zusammengefasst.

Hier seine wesentlichen Botschaften für CEOs, Geschäftsführer, ergebnisverantwortliche Manager in Unternehmen jeder Größe:

  • Nicht Teams entscheiden, sondern der letztlich Gesamtverantwortliche. Wer glaubt, dass das formale Senior Management Team (SMT) eines Unternehmens, das heißt die typische Geschäftsführung oder Geschäftsleitung mit ihren 7-10 Mitgliedern, die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen trifft oder treffen sollte, liegt in aller Regel falsch.
  • Wesentliche Weichenstellungen passieren vielmehr in praktisch allen Unternehmen (richtigerweise) in kleinen Abstimmrunden, in denen der CEO eines Unternehmens enge Vertraute und Ratgeber konsultiert – sein „Küchenkabinett“ – ehe er dann (hoffentlich) das tut, wofür er als Letztverantwortlicher auch bezahlt wird: Entscheiden.
  • Ein SMT als „Entscheidungsgremium“ zu positionieren, führt deshalb nur zu Ineffizienz und Frustration bei allen Beteiligten – der man auch mit noch so viel Teambuilding-Aktivitäten nicht erfolgreich entgegen wirken wird.
  • Effektive CEOs wissen dies und nutzen ihr SMT anders: nämlich als zentrales Gremium, um Alignment zu erzielen und wesentliche strategische Aktivitäten zu koordinieren; – indem sie mit diesem Team (1.) ein gemeinsames Verständnis zur zukünftigen Vision und Entwicklungsrichtung des Unternehmens erarbeiten – auf Basis einer fundierten Diskussion wesentlicher Veränderungen im externen Umfeld („Drivers of Change“), der (schon vorhandenen und aufzubauenden) Fähigkeiten im Unternehmen („Capabilities and Assets“), und der (vorgegebenen oder selbstgesetzten) Grundprinzipien und Grenzen des Geschäftsbetriebs („Boundaries of the Company“); (2.) die notwendigen strategischen Initiativen identifizieren und priorisieren, die es braucht, um die Vision zu realisieren; und (3.) Abhängigkeiten zwischen einzelnen Initiativen herausarbeiten und bestmöglich adressieren, inkl. einer effektiven Allokation von Ressourcen und Verantwortlichkeiten.
  • Entsprechend fordern effektive CEOs die Mitglieder ihres SMT auch eher nicht auf, in Diskussionen vor allem „das Ganze“ im Blick zu haben – weil sie wissen, dass dies den meisten Direct Reports ihre eigentliche Stärke nimmt: dass sie die Dinge aus einer funktionalen Perspektive fundiert beurteilen, und dass sie einschätzen können, was übergreifende Eintscheidungen für ihren je spezifischen Aufgabenbereich bedeuten.
  • Neben ihren Küchenkabinetten und ihrem SMT haben effektive CEOs (nur) noch mindestens ein zusätzliches Team: nämlich eine größere Runde (die nächste Führungsebene, die Top 50/100 o.ä.), die sie vor allem nutzen, um entweder neue Ideen zu generieren oder schon getroffene Entscheidungen und wichtige Weichenstellungen zu diskutieren und breit und nachhaltig zu verankern.
  • Ansonsten etablieren sie so wenig regelmäßig tagende Gremien wie möglich – und setzen eher auf temporäre, themen- und projektbezogene Teams, die mit der Lösung eines Problems auch wieder verschwinden können.

Am Ende aber gilt vor allem eines: Die aufgesetzte Team-Struktur muss dem Gesamtverantwortlichen „passen“:

  • „There is no one best way to configure the teams around you, but there is one overarching principle you should follow: the portfolio must be tailored for you. It must fit your leadership style, your preferred way of making decisions, and your perceptions of what the organization needs to move forward. (…) The goal is to ensure two things: that you’re getting the input you need to make decisions, and that the executives around you have the opportunity to align their points of view and coordinate organizational activities effectively.“

Win-Win bei Unternehmensverkäufen – Was Übernehmer suchen

In den letzten Wochen habe ich im Rahmen eines Kundenprojektes eine Serie von Gesprächen zum Thema „erfolgreiche Unternehmensübernahmen“ geführt. Gesprächspartner waren Klienten, die heute als Verwaltungsrat, CEO, Vorstand oder Geschäftsleitungsmitglied Verantwortung in mittelständischen IT-Unternehmen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz tragen.

Sie alle sind während der letzten Jahre regelmäßig als Akquisiteure aktiv gewesen und haben ihre Erfahrungen gemacht – mit mehr oder weniger geglückten Deals, den Dos & Donts in Verhandlungsprozessen, den Herausforderungen für ein gelingendes Integrationsprojekt und den Tücken und Chancen der Inanspruchnahme externer Juristen, Pathfinder, Berater. Sie verdanken heute durchschnittlich etwa 1/3 ihres Jahresumsatzes (zwischen ca. 30 und 500 m€) den vollzogenen Übernahmen – und alle planen, auch in den kommenden Jahren weiterhin aktiv zur Industriekonsolidierung beizutragen.

Aus den Gesprächen ergibt sich ein klares Bild, worauf es ankommt, wenn ich als Verkaufsinteressent mit solchen „Übernehmern“ ins Geschäft kommen möchte:

  • Ich bin kein (Serien-)Gründer, der jetzt Kasse machen und dann neu gründen will, sondern schon länger und ernsthaft mit meinem Unternehmen im Markt aktiv, mit einer klaren Positionierung und positiver Reputation bei Kunden, Wettbewerbern, ISVs (Microsoft, SAP, …).
  • Ich habe die letzten Jahre dauerhaft erfolgreich gewirtschaftet und bin deutlich profitabel – eine EBIT-Marge von mindestens 10% wird bei kleineren und fokussierten Unternehmen als „gut erreichbar“ eingeschätzt und entsprechend erwartet.
  • Ich habe einen nennenswerten Anteil an stabilem, dauerhaft wiederkehrendem (recurring“) Umsatz in meinem Geschäft – aus langfristigen Beratungsbeziehungen, Wartungszahlungen, Hosting- oder Application Management-Aufträgen, etc.
  • Als „Gallionsfigur“ des zu übernehmenden Unternehmens bin ich bereit, noch einige Jahre an Bord zu bleiben und weiter einen aktiven Beitrag zu leisten – oder ich habe, wenn ich einen zeitnahen Exit wünsche, ein starkes Management Team aufgebaut, das problemlos auch ohne mich funktioniert.
  • Ich bin bereit, einen Kaufpreis zu akzeptieren, der sich primär aus der aktuellen Geschäftssituation und weniger aus den Business Planungen für die nächsten Jahre herleitet – und ich weiß, dass es wenig plausible Gründe gibt, deutlich mehr als die üblichen Multiples als Zielpreis aufzurufen.
  • Ich bin offen für eine Vertragsgestaltung, in der ein signifikanter Anteil des Kaufpreises von einer erfolgreichen Integration, v.a. aber von der Geschäftsentwicklung der kommenden (drei bis vier) Jahre abhängt.
  • Ich bin weitgehend frei von „Sonnenkönig-Attitüden“ und bereit und fähig, mich ggf. geräuschlos und konstruktiv in das Management-Team des Käufers einzupassen.

Und merke: „Zu große Egos“ sind – neben zu stark abweichenden Vorstellungen zum Kaufpreis – aus Sicht der Übernehmer ganz sicher der wesentlichste „Deal-Breaker“.

Erfolgreich starten als neuer CEO

In die Geschäftsführungsverantwortung in einem neuen Unternehmen zu wechseln, ist oft selbst für gestandene Executives „ein großes Ding“. Ian Davis, ehemaliger Managing Director von McKinsey & Company, hat viele der Punkte, die man in einer solchen Situation ernst nehmen sollte, vor einiger Zeit in einem Artikel für das McKinsey Quarterly unter dem Titel „Letter to a newly appointed CEO“  zusammengefasst: https://www.mckinseyquarterly.com/Letter_to_a_newly_appointed_CEO_2607