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Was tun im B2B-Vertrieb, wenn das Barometer auf „Challenger“ steht?

Litlle girl reading lot of books

„Werden ausschreiben – unter Einbindung eines Advisors“. „Haben 3rd Party Stop“. „Auch die kleineren Aufträge gehen durch die Geschäftsführung“. „Müssen Einkaufsumgehung vermeiden“. Solche Aussagen hören Vertrieb und Management meiner Klienten von ihren Kunden heute regelmäßig, und dann wird es mit dem Normalgeschäft, und erst recht mit den „Big Tickets“ – dem Abschluss für den großen IT-Outsourcing Deal, dem Multi-Millionen Software Agreement, dem Big Team-Large Project Consulting-Auftrag –, schwieriger. Egal, ob im Vertrieb eines mittelständischen IT-Service-Providers oder bei den Champions League-Playern im B2B Sales, den SAPs, Accentures oder IBMs: die Lage im vierten Quartal ist nie einfach, und meisten wird es mit der Zielerreichung enger als noch vor einigen Jahren.

Warum das so ist? Hier die wahrscheinlichen Hauptgründe:

  1. Kunden wissen heute im Hinblick auf ihre Bedarfe – gerade wenn es um IT-Themen geht – viel genauer, was geht, was sie brauchen, was sie wollen. Mit dem Internet steht heute ein unerschöpflicher Fundus für Information und Anbietervergleiche zur Verfügung – und gut aufgestellte Kunden nutzen diesen konsequent, meist deutlich vor dem ersten Gespräch mit dem Vertrieb eines Anbieters. Und wenn der Kunde schon ganz gut weiß, was läuft, verliert der klassische Solution Selling-Ansatz – durch gezieltes Fragen in vertrauensbildenden Meetings den „Pain Point“, den „Need“, die „Burning Platform“ herausarbeiten und dann in einem aufwändigen Prozess eine passgenaue „Solution“ konfigurieren und verkaufen –, viel von seinem Reiz und seinem Wert für den Kunden. Und Vertriebler, die immer noch so agieren (wollen), wundern sich dann, dass der gewünschte Executive-Zugang immer schwieriger und die Termine immer rarer werden.
  2. Kunden haben ihre Leidenschaft für professionelles Einkaufen entdeckt. Einkäufer sind heute nur noch selten verdiente Sachbearbeiter auf dem Weg zur Betriebsrente, sondern bissige Kostensparer mit vielen Waffen im Arsenal, gerne unterstützt durch professionelle 3rd Party Procurement Advisors (oft ehemalige Mitarbeiter der Solution Provider), die ihre Expertise einbringen und dafür ihren Teil vom (Anbieter-)Kuchen abhaben wollen. Und in der Konsequenz wird dann die Differenzierungsmöglichkeit des RFP-konformen Angebots oft auf „Preis“ reduziert. Kein schöner Zustand für den Sales. 
  3. In allen Konzernen existieren heute Compliance Regeln, die die freihändige „Vergabe unter Kumpels“ – das große Erfolgsvehikel der Beziehungsverkäufer in der Vergangenheit („Wir haben die Sache durchgesprochen, ich bin jetzt auf seinem Geburtstag eingeladen und wir spielen demnächst nochmal Golf zusammen – dann kommt auch der Deal“) – immer schwieriger machen. Selbst die größten Alphas agieren heute vorsichtiger, wenn es um Beauftragungen von geschätzten Externen geht, weil sie wissen, dass irgendwo zwischen Aufsichtsrat, Revision, Arbeitnehmervertretern und missgünstigen Kollegen in der Geschäftsführung immer mal unerfreuliche Rückfragen hochkommen, die am Ende die eigene Vertragsverlängerung gefährden könnten. Da lässt man den Anbieter lieber eine Schleife mehr fliegen, um alle ins Boot  zu holen, oder man lässt es gleich ganz. Matthew Dixon und Brent Adamson, die Autoren des (lesenswerten) Buchs The Challenger Sale, sprechen hier vom „Rise of the Consensus-Based Sale“:

„Our research indicates that widespread support for a supplier across their team is the number-one thing senior decision makers look for in a purchasing decision.“

Was kann ich tun, wenn B2B Sales mein Thema und „mehr verkaufen“ mein Auftrag ist? Aus den Untersuchungen von Dixon und Adamson kann man zumindest erkennen, welchen Typ von „Seller“ ich zukünftig mit Priorität (nicht mehr) fördern und entwickeln sollte:

  • Weder die besonders hart arbeitenden Vertriebler noch die, die ihren Kunden jeden (Problemlöse-)Wunsch von den Lippen ablesen, sind im Solution Selling-Umfeld mehrheitlich übermäßig erfolgreich. Harte Arbeit und hohe Kundenorientierung schaden sicher nicht, aber sie bringen einen Vertriebler auch in Zukunft nicht bis zum Top Achievers Club-Meeting auf Hawaii.
  • Interessanterweise gilt dies auch für diejenigen, die ihren Fokus v.a. auf Relationship Building legen. Exzellente Kundenbeziehungen sind auch zukünftig hilfreich, manchmal notwendig, aber nicht mehr hinreichend für B2B Sales-Erfolg. Mit den Worten von Neil Rackham, Sales Guru und u.a. Autor von SPIN-Selling:

„It seems that the old advice, ‚Build relationships first and then sales will follow‘, no longer holds true. (…) The relationship and the purchasing decision have been decoupled.“

Auf der anderen Seite haben die heute überproportional erfolgreichen B2B-Vertriebler mehrheitlich eines gemeinsam – sie agieren als „Challenger“ ihrer Kunden, und können drei Dinge besonder gut: „Teach – Taylor – Take Control“.

  1. „Teach“: Auf Basis eines umfassenden Markt-, Wettbewerbs- und Geschäftsverständnisses liefern sie dem Kunden unerwartete, neuartige Einsichten, wie er in seinem Business erfolgreicher agieren kann (Unique Perspectives), und können die zugehörige Geschichte gut erzählen (Two-Way Communication Skills).
  2. „Taylor“: Sie kennen die für den Kunden  wichtigen Themen (Customer’s Value Drivers) und was für ihn ökonomischen Erfolg und Misserfolg ausmacht (Economic Drivers), und können deshalb für ihn passgenau die Implikationen einer Geschichte ableiten – inkl. des eigenen Lösungsbeitrags (sprich: Angebots).
  3. „Take Control“: Wenn der Kunde auf den Lösungsvorschlag anspringt, fühlen sie sich wohl, mit ihm über Geld zu reden (Discussing Money) und den notwendigen Druck auszuüben, den Deal möglichst zügig zum Abschluss zu bringen (Pressure the Customer).

Mit Neil Rackham:

„Surveys of customers constantly show that they put the highest value on salespeople who make them think, who bring new ideas, who find creative and innovative ways to help the customer’s business. In recent years, customers have been demanding more depth and expertise. They expect salespeople to teach them things they don’t know. These are the core skills of Challengers. They are the skills of the future (…).“

Und das Fazit für alle, die ihn noch nicht haben: Möglichst rasch einen leistungsfähigen „Challenger“-Vertrieb aufbauen.

Win-Win bei Unternehmensverkäufen – Was Übernehmer suchen

In den letzten Wochen habe ich im Rahmen eines Kundenprojektes eine Serie von Gesprächen zum Thema „erfolgreiche Unternehmensübernahmen“ geführt. Gesprächspartner waren Klienten, die heute als Verwaltungsrat, CEO, Vorstand oder Geschäftsleitungsmitglied Verantwortung in mittelständischen IT-Unternehmen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz tragen.

Sie alle sind während der letzten Jahre regelmäßig als Akquisiteure aktiv gewesen und haben ihre Erfahrungen gemacht – mit mehr oder weniger geglückten Deals, den Dos & Donts in Verhandlungsprozessen, den Herausforderungen für ein gelingendes Integrationsprojekt und den Tücken und Chancen der Inanspruchnahme externer Juristen, Pathfinder, Berater. Sie verdanken heute durchschnittlich etwa 1/3 ihres Jahresumsatzes (zwischen ca. 30 und 500 m€) den vollzogenen Übernahmen – und alle planen, auch in den kommenden Jahren weiterhin aktiv zur Industriekonsolidierung beizutragen.

Aus den Gesprächen ergibt sich ein klares Bild, worauf es ankommt, wenn ich als Verkaufsinteressent mit solchen „Übernehmern“ ins Geschäft kommen möchte:

  • Ich bin kein (Serien-)Gründer, der jetzt Kasse machen und dann neu gründen will, sondern schon länger und ernsthaft mit meinem Unternehmen im Markt aktiv, mit einer klaren Positionierung und positiver Reputation bei Kunden, Wettbewerbern, ISVs (Microsoft, SAP, …).
  • Ich habe die letzten Jahre dauerhaft erfolgreich gewirtschaftet und bin deutlich profitabel – eine EBIT-Marge von mindestens 10% wird bei kleineren und fokussierten Unternehmen als „gut erreichbar“ eingeschätzt und entsprechend erwartet.
  • Ich habe einen nennenswerten Anteil an stabilem, dauerhaft wiederkehrendem (recurring“) Umsatz in meinem Geschäft – aus langfristigen Beratungsbeziehungen, Wartungszahlungen, Hosting- oder Application Management-Aufträgen, etc.
  • Als „Gallionsfigur“ des zu übernehmenden Unternehmens bin ich bereit, noch einige Jahre an Bord zu bleiben und weiter einen aktiven Beitrag zu leisten – oder ich habe, wenn ich einen zeitnahen Exit wünsche, ein starkes Management Team aufgebaut, das problemlos auch ohne mich funktioniert.
  • Ich bin bereit, einen Kaufpreis zu akzeptieren, der sich primär aus der aktuellen Geschäftssituation und weniger aus den Business Planungen für die nächsten Jahre herleitet – und ich weiß, dass es wenig plausible Gründe gibt, deutlich mehr als die üblichen Multiples als Zielpreis aufzurufen.
  • Ich bin offen für eine Vertragsgestaltung, in der ein signifikanter Anteil des Kaufpreises von einer erfolgreichen Integration, v.a. aber von der Geschäftsentwicklung der kommenden (drei bis vier) Jahre abhängt.
  • Ich bin weitgehend frei von „Sonnenkönig-Attitüden“ und bereit und fähig, mich ggf. geräuschlos und konstruktiv in das Management-Team des Käufers einzupassen.

Und merke: „Zu große Egos“ sind – neben zu stark abweichenden Vorstellungen zum Kaufpreis – aus Sicht der Übernehmer ganz sicher der wesentlichste „Deal-Breaker“.

Warum Vertriebsarbeit manchmal ins Leere läuft

„It’s the question asked by anyone who’s ever lost a sale: What went wrong? […]“  Die Frage, was schief gegangen sein könnte, wenn ein Deal nicht zustande kommt, diskutiert der folgende HBR Blog-Beitrag in intelligenter und pointierter Weise:  http://blogs.hbr.org/cs/2012/09/top_reasons_salespeople_lose_b.html