Schlagwort-Archive: Strategie

Win-Win bei Unternehmensverkäufen – Was Übernehmer suchen

In den letzten Wochen habe ich im Rahmen eines Kundenprojektes eine Serie von Gesprächen zum Thema „erfolgreiche Unternehmensübernahmen“ geführt. Gesprächspartner waren Klienten, die heute als Verwaltungsrat, CEO, Vorstand oder Geschäftsleitungsmitglied Verantwortung in mittelständischen IT-Unternehmen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz tragen.

Sie alle sind während der letzten Jahre regelmäßig als Akquisiteure aktiv gewesen und haben ihre Erfahrungen gemacht – mit mehr oder weniger geglückten Deals, den Dos & Donts in Verhandlungsprozessen, den Herausforderungen für ein gelingendes Integrationsprojekt und den Tücken und Chancen der Inanspruchnahme externer Juristen, Pathfinder, Berater. Sie verdanken heute durchschnittlich etwa 1/3 ihres Jahresumsatzes (zwischen ca. 30 und 500 m€) den vollzogenen Übernahmen – und alle planen, auch in den kommenden Jahren weiterhin aktiv zur Industriekonsolidierung beizutragen.

Aus den Gesprächen ergibt sich ein klares Bild, worauf es ankommt, wenn ich als Verkaufsinteressent mit solchen „Übernehmern“ ins Geschäft kommen möchte:

  • Ich bin kein (Serien-)Gründer, der jetzt Kasse machen und dann neu gründen will, sondern schon länger und ernsthaft mit meinem Unternehmen im Markt aktiv, mit einer klaren Positionierung und positiver Reputation bei Kunden, Wettbewerbern, ISVs (Microsoft, SAP, …).
  • Ich habe die letzten Jahre dauerhaft erfolgreich gewirtschaftet und bin deutlich profitabel – eine EBIT-Marge von mindestens 10% wird bei kleineren und fokussierten Unternehmen als „gut erreichbar“ eingeschätzt und entsprechend erwartet.
  • Ich habe einen nennenswerten Anteil an stabilem, dauerhaft wiederkehrendem (recurring“) Umsatz in meinem Geschäft – aus langfristigen Beratungsbeziehungen, Wartungszahlungen, Hosting- oder Application Management-Aufträgen, etc.
  • Als „Gallionsfigur“ des zu übernehmenden Unternehmens bin ich bereit, noch einige Jahre an Bord zu bleiben und weiter einen aktiven Beitrag zu leisten – oder ich habe, wenn ich einen zeitnahen Exit wünsche, ein starkes Management Team aufgebaut, das problemlos auch ohne mich funktioniert.
  • Ich bin bereit, einen Kaufpreis zu akzeptieren, der sich primär aus der aktuellen Geschäftssituation und weniger aus den Business Planungen für die nächsten Jahre herleitet – und ich weiß, dass es wenig plausible Gründe gibt, deutlich mehr als die üblichen Multiples als Zielpreis aufzurufen.
  • Ich bin offen für eine Vertragsgestaltung, in der ein signifikanter Anteil des Kaufpreises von einer erfolgreichen Integration, v.a. aber von der Geschäftsentwicklung der kommenden (drei bis vier) Jahre abhängt.
  • Ich bin weitgehend frei von „Sonnenkönig-Attitüden“ und bereit und fähig, mich ggf. geräuschlos und konstruktiv in das Management-Team des Käufers einzupassen.

Und merke: „Zu große Egos“ sind – neben zu stark abweichenden Vorstellungen zum Kaufpreis – aus Sicht der Übernehmer ganz sicher der wesentlichste „Deal-Breaker“.

Woran erkenne ich ein gut geführtes Unternehmen?

Ein langjähriger Klient hat mich heute gefragt, ob ich Peter Druckers Buch „Managing for Results“ kennen würde. Wir kamen dann darauf, dass ich es ihm vor Jahren zu Weihnachten geschenkt habe. Damals nannte ich es „die ‚Urschrift‘ allen ernsthaften Nachdenkens über gutes Management“. Aus aktuellem Anlass hier noch einmal einige Aussagen von Drucker:

  • „Das Ergebnis der Tätigkeit eines Unternehmens ist ein zufriedener Kunde.“
  • „Resultate gibt es nur in der Außenwelt. Die einzigen Ergebnisse eines Unternehmens werden von einem Kunden erzeugt, der die Kosten und die Bemühungen des Unternehmens in Einnahmen und Profit verwandelt, da er bereit ist, seine Kaufkraft zu nutzen, um die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens zu erwerben. Innerhalb einer Organisation gibt es nur Bemühungen und Kosten.“
  • „Misserfolge sollten als erste Hinweise darauf gedeutet werden, dass sich entweder der Markt verändert hat, oder dass die Kernkompetenzen des Unternehmens an Relevanz verlieren.“
  • „Je weniger eine Organisation tun muss, um Ergebnisse hervorzubringen, desto besser macht sie ihre Arbeit.“
  • „Ein gut geführtes Unternehmen ist ein ‚lahmes‘ Unternehmen. ‚Dramatisch‘ sind in einer solchen Organisation lediglich die Grundsatzentscheidungen, die sich auf die Zukunft auswirken. Hingegen wird man dort nie Zeuge heroischer Rettungsaktionen, die dazu dienen, die am Vortag begangenen Fehler zu korrigieren.“
  • „Eine Krise, die sich einmal wiederholt, darf kein drittes Mal auftreten. Das heißt, dass sie entweder vollkommen vermieden oder in einen Routinevorgang verwandelt werden kann, dessen Bewältigung man auch dem Pförtner überlassen könnte.“

Die 1-Billion-$-Frage der Betriebswirtschaft

Diverse meiner Klienten tauchen in August-Wilhelm Scheers Buch „Spiele der Manager“ als Protagonisten auf – was in Gesprächen auch immer wieder gerne thematisiert wird.

Weniger diskutiert wird dass Scheer, Gründer und langjähriger erster Mann der IDS Scheer AG, ehemaliger Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Universität des Saarlandes und Bitkom-Präsident, in seinem Buch auch auf die 1-Billion-$-Frage der Betriebswirtschaft – worauf es am Ende denn nun tatsächlich ankommt, wenn ein Unternehmen dauerhaft erfolgreich sein will – nach 30 Jahren Erfahrung in der Industrie eine klare Antwort gefunden hat:

  • „Nach meiner Meinung verantwortet der CEO 75% des Unternehmenserfolges oder -misserfolges.“

Ein Spitzenunternehmen werden: Zuerst zählt das „Wer“

Topmanagement-Beratung und Executive Search sind natürliche Verbündete in (meist) friedlicher Ko-Existenz: Wir agieren in den gleichen Branchen, wir kennen dieselben Unternehmen – oft länger als deren aktuelles Management –, wir begleiten dieselben C-Level-Klienten durch ihr wechselhaftes Executive-Leben, und wenn der generelle Konjunkturabschwung oder die Budgetbremse eines wichtigen Kunden zufasst, leiden wir gemeinsam.

Eine beliebte, erst gestern wieder geführte Diskussion erinnert ein bisschen an die Henne und das Ei. Sie lautet: Was kommt sinnvollerweise wann, und wer kommt zuerst? Erst die Unternehmensberatung, die dem Klienten hilft, die richtigen strategischen Weichen in die Zukunft zu stellen, das zugehörige Transformationsprogramm aufzusetzen und notwendige Strukturanpassungen und organisatorischen Veränderungen zu definieren (seit den 1960ern wissen wir ja bekanntlich: „Structure follows Strategy“) – auf deren Basis dann eventuell die große Stunde der Headhunter schlägt, die im Anschluss die extern zu besetzenden vakanten Management-Positionen füllen. Oder sollte es zuerst darum gehen, ein schlagkräftiges Management Team zu formen, das dann gemeinsam – und gerne mit externer Unterstützung – daran geht, den letztlich einzuschlagenden Weg nach Vorne zu definieren und umzusetzen?

Ob das „Zuerst-das-Was“-Modell – die Route festlegen, Strategie, Taktik, Organisation definieren und danach Helfer für die Umsetzung suchen – oder das „Erst-Wer-Dann-Was“-Modell überlegen ist, wenn man langfristig ein Spitzenunternehmen schaffen will, hat Jim Collins in einer umfassenden empirischen Studie untersucht, aus der sein Buch „Der Weg zu den Besten“ geworden ist. Und Collins Ergebnis ist eindeutig:

  • „Entscheidend ist, erst die richtigen Leute an Bord zu holen (und die falschen loszuwerden), und sich danach zu überlegen, wohin die Reise gehen soll.“

Die zentrale Leitidee in den von ihm betrachteten Spitzen- oder „Take-Off“-Unternehmen: „Wenn ich die richtigen Leute an Bord habe, die richtigen Fragen stelle und leidenschaftliche Debatten anzettele, werden wir gemeinsam einen Weg finden, um aus diesen Unternehmen ein Spitzenunternehmen zu machen.“

Die langfristig deutlich erfolgloseren Vergleichsunternehmen praktizierten dagegen in der Regel ein Modell des „Genies mit den 1000 Helfern“, ein Modell, „bei dem das Unternehmen die Nebenrolle und ein großes Genie die Hauptrolle spielt“, und in dem es nur selten ein Management Team gibt, das diesen Namen verdient; dafür aber eine dominante Einzelperson an der Spitze, dem „gute Soldaten“ (Line Manager, Stäbe, Berater) dabei helfen, großartige Ideen, Strategien, Pläne in die Tat umzusetzen – mit der Konsequenz eines enormen Implosionsrisikos, spätestens, wenn das Unternehmen eines Tages ohne seinen Dominator auskommen muss.

 

 

„Good strategy flows from insight and very skilled judgment“

Solange die Marktreife eines wirklich leistungsfähigen “Strategy Constructors” („Wachstumsziel oben rein – Normstrategien unten raus“) noch auf sich warten lässt, gilt wohl bis auf Weiteres „selber denken“ – und beherzigen, was Richart Rumelt, Professor für Business und Society an der UCLA Anderson School of Management m.E. richtigerweise wie folgt beschreibt:

  • „Good strategy is coherent action backed by an argument. And the core of the strategist’s work is always the same: discover the crucial factors in a situation and design a way to coordinate and focus actions to deal with them. A strategy is not what you wish would happen. It is a set of practical actions for moving forward. It is not a ‘dog’s dinner’ of all the things various parties would like to see done. It is a focusing of energy and resources on a few key objectives whose accomplishment will make a real difference. Good strategy flows from insight and very skilled judgment.”